Wie du deinen Arbeitgeber von deinen Sabbatical-Plänen überzeugst.
„Ich hatte mein ganzes Leben viele Probleme und Sorgen.
Die meisten von ihnen sind aber niemals eingetreten.“
Mark Twain
Der wohl schwierigste Schritt auf dem Weg zu einem Sabbatical ist für die meisten Menschen das Gespräch mit ihrer Chefin. (ODER Ein Thema, was vielen bei ihrer Sabbatical Planung Kopfzerbrechen bereitet: Wie spreche ich am besten mit meiner Chefin, wenn ich über ein Sabbatical nachdenke?)
Kurzer Einschub: Ich habe mich bewusst entschieden für diesen Artikel die weibliche Form zu wählen, da es mich 1. gestört hat, dass in jedem Artikel nur von Chef die Rede ist und 2. ich mir wünschen würde, es gebe mehr weibliche Führungskräfte. 😉
Aber zurück zum Thema: Oft grübelt man tage- oder sogar monatelange darüber, was die Chefin wohl sagen wird, malt sich die Ablehnung bereits aus und zweifelt dadurch vielleicht an dem gesamten Vorhaben. Wie so oft gehen wir eher von dem negativen Fall aus, als positiv und zuversichtlich an die Situation ran zu gehen. Und mal ehrlich, der Worst Case ist: Deine Chefin sagt Nein. Und auch das halte ich für sehr unwahrscheinlich, wenn du das Gespräch gut vorbereitest.
Genau darum geht es glücklicherweise in diesem Artikel.
Vorab noch für alle Beamten/Beamtinnen und Lehrer/Lehrerinnen: Falls du es noch nicht wusstest: Du hast den großen Vorteil, dass es sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene klare und umfassende Regelungen gibt, die dir einen einfachen Einstieg in ein Sabbatjahr ermöglichen. Dir kann dein Sabbatical lediglich verwehrt werden, wenn wichtige dienstliche Belange Vorrang haben und auch dann kann es lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung kommen. Also: Wann machst du dir einen Termin mit deiner Chefin 😉?
ÜBERZEUGE DEINE CHEFIN VON DEINEM SABBATICAL
Für alle anderen Berufsgruppen gilt: Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete!
Daher werde ich dir hier einen Ablaufplan vorstellen, an dem du dich entlang hangeln kannst. Am Ende des Artikels erwarten dich dann noch konkrete Argumente, wie du deine Chefin von deinem Traum überzeugen kannst.
ABLAUFPLAN
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Informationsbeschaffung
Um gut vorbereitet zu sein, gilt es erstmal Informationen einzuholen. Dafür kannst du in deinem Arbeitsvertrag oder im Intranet nachschauen. Vielleicht gibt es irgendwelche tarifliche Regelungen oder die Möglichkeit eines Langzeitkontos.
Wenn du dir sicher bist, dass deine Personalabteilung vertrauenswürdig ist und es nicht direkt an deinen Vorgesetzten weiter getratscht wird, informiere dich dort. Vielleicht gibt es in deinem Unternehmen bereits ein Modell oder ein Kollege aus einer anderen Abteilung hat diesen Prozess schon mal durchlaufen. Grundlegend gibt es immer auch die Möglichkeit, mit deinem Betriebsrat oder dem Personalrat zu sprechen und nach Erfahrungen zu fragen.
Natürlich gilt für jedes Unternehmen, je mehr Erfahrung mit der Thematik besteht, umso einfach ist der Prozess. Aber gerade bei größeren Unternehmen wissen wir oft nicht, was hinter den Kulissen so vor sich geht.
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Lerne deine Chefin noch besser kennen
Seinen Freunden soll man nahe sein und seinen Feinden noch näher. Nein, ich rate dir natürlich nicht, deine Chefin als Feind zu betrachten. Aber dieser etwas plakative Spruch stimmt dahingehend, dass es immer einfacher ist in einem Gespräch seine Ziele zu erreichen, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat und wie dein Gegenüber tickt. Habt ihr vielleicht gleiche Hobbys, steht auf denselben Fußballverein oder die gleiche Musikgruppe? Dieses Wissen erleichtert den Gesprächseinstieg. Darüber hinaus kann es auch nicht schaden zu wissen, wie deine Chefin allgemein zu der Thematik Reisen, Pausen, Selbstfürsorge und alternative Arbeitsmodelle steht. Bei der Informationsbeschaffung musst du natürlich Fingerspitzengefühl beweisen um nicht die Pferde scheu zu machen, aber da findest du sicher kreative Möglichkeiten. Vielleicht kannst du langjährige Kollegen befragen, die Chefsekretärin oder deinen Praktikanten vorschicken 😉.
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Entwickle eine Gesprächsstrategie
Anhand der gewonnenen Infos geht es jetzt darum, sich eine Gesprächsstrategie zurechtzulegen. Mache dies bitte unbedingt schriftlich. Vor allem wenn man aufgeregt ist, vergisst man häufiger seine Argumente und das wäre sehr kontraproduktiv und die ganze Vorbereitung wäre umsonst gewesen.
Auf die konkreten Argumente gehe ich später nochmal genauer ein, was jedoch auch zu deiner Strategie gehören sollte sind die folgenden Fragen. Diese helfen dir Klarheit über deine Motivation, Wünsche und Vorstellungen zu bekommen. Das ist essentiell, um eine gute Verhandlungsbasis zu haben.
- Warum ist ein Sabbatical für mich gerade jetzt sinnvoll?
- Wie wirkt sich das Sabbatical auf die Zeit nach meiner Rückkehr aus?
- Welchen Nutzen hat mein Unternehmen davon?
- Welches Modell ist für mich das passende?
Hier sind die üblichen Modelle entweder:
Zeit sparen – Du vereinbarst einen befristeten Teilzeitvertrag mit deinem Arbeitgeber, arbeitest aber trotzdem 100 %. Die so entstehenden Überstunden werden auf einem separaten Zeitkonto angespart. Diese Überstunden kannst du während deiner Auszeit „abfeiern“ und erhälst so weiterhin Gehalt.
Geld sparen – Du vereinbarst mit deinem Arbeitgeber, dass er dir einen Teil deines Gehaltes nicht auszahlt, sondern separat für deine Auszeit zurücklegt. (z.B. 20 %). Aus diesem Topf erhältst du dann Gehalt während deiner Auszeit.
Freistellung – Du bekommst während dieser Zeit kein Gehalt und bist nicht mehr über deinen Arbeitgeber sozialversichert.
Die Wahl des Modells ist sicherlich auch abhängig von deinem zeitlichen Bedürfnis, ein Sabbatical machen zu wollen. Daher die weiteren Fragen:
- Wann möchte ich ein Sabbatical machen und wie lange?
Hier bietet es sich an, arbeitsreiche Phasen einzukalkulieren und vielleicht nicht unbedingt in den Sommerferien zu starten, wenn du viele Kollegen mit Familie hast.
Überleg dir ob, es saisonal bedingt Flaute-Zeiten gibt, in denen dein Betrieb vielleicht sogar froh ist, wenn du unterwegs bist oder es wenig Auswirkung hat. Arbeite vielleicht auch schonmal einen Vorschlag aus, wie die Abwesenheit möglichst effizient und kostensparend überbrückt werden kann.
- Möchte ich unbedingt exakt auf den gleichen Arbeitsplatz zurück oder würde ich auch eine andere/ ähnliche Stelle annehmen?
- Wäre ich bereit zu kündigen, wenn meine Chefin sich quer stellt?
Dies ist wichtig für sich klar zu haben und bildet eine andere Argumentationsgrundlage. Allgemein gilt aber: Egal wie du dich entscheidest, du möchtest sicher keine verbrannte Erde hinterlassen, also immer schön sachlich bleiben.
Ein weiteres Thema für deine Verhandlungsbasis ist:
- Wünsche ich mir vollkommene Abgeschiedenheit oder möchte ich für wichtige Nachfragen erreichbar sein?
Meine persönliche Meinung hierzu ist:
Ich würde immer vollkommene Kontaktpause wählen. Jeder definiert wichtige Anliegen anders und man ist so nie ganz frei im Kopf, wenn jederzeit die Chefin oder ein Kollege anrufen könnten.
Mit diesen Fragestellungen und natürlich deren Antworten solltest du soweit gut gerüstet sein. Grundlegend gilt für das Gespräch jedoch:
- Je mehr Gedanken du dir im Vorfeld machst, umso besser.
- Und je flexibler du in einzelnen Punkten bleibst, umso wahrscheinlicher findet ihr eine Lösung, die für beide Seiten passt.
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Zeitpunkt des Gesprächs
Allgemein gilt: Hol deine Chefin möglichst frühzeitig mit ins Boot. So lässt du ihr genug Zeit um interne Aspekte zu klären und ggf. Ersatz für dich zu suchen. Für das konkrete Gespräch solltest du einen guten Zeitpunkt wählen. Am besten schaust du nach einem Zeitpunkt, an dem der Stress im Job für alle Seiten nicht allzu hoch ist. Wähle eine entspannte Atmosphäre. Je nach Verhältnis und Kultur in deinem Betrieb ist das sicherlich sehr unterschiedlich. Sorge dafür, dass ihr ungestört seid. Ich denke klar sein dürfte, dass du das Gespräch nicht in einer Phase terminierst, in der deine Chefin gerade extrem gestresst ist oder kurz vor bzw. nach dem Urlaub steht. Optimal ist häufig ein Termin einige Wochen nach ihrem Urlaub anzusetzen, da sie dann bereits die ersten liegengeblieben Dinge bearbeitet hat aber voraussichtlich noch in Reiseerinnerungen schwelgt.
Solltest du eine der „glücklichen“ Personen sein, die eine dauergestresste Chefin haben, dann leg das Gespräch am besten auf Mitte der Woche und sorg dafür, dass du entspannt bist. Deine eigene innere Haltung hat ebenfalls eine Auswirkung auf dein Gegenüber durch unsere sogenannten Spiegelneuronen.
Wenn du um einen Termin bittest, nenne als Begründung am besten ein allgemeines Feedbackgespräch.
Für das gesamte Gespräch gilt: Sei sachlich, bestimmend und so gut es geht flexibel. Bleib bei dir, rede in der „Ich-Form“ und vermeide Verallgemeinerungen. Nutze Formulierungen wie: „Ich würde mir wünschen, dass ….“ Damit vermeidest du, dass deine Chefin davon ausgeht, es ist schon etwas entschieden worden.
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Habe Geduld
Wenn du dich endlich durch-gerungen hast das Gespräch führen zu wollen, überstürze die Terminierung nicht. Und innerhalb des Dialoges, gebe deiner Chefin Zeit zum Überlegen und nagele sie nicht in dem Gespräch direkt auf eine Antwort fest. Vereinbart einfach einen Folgetermin und gebe ihr die Zeit, die sie braucht.
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Absicherung
Wenn der Termin oder die Termine positiv verlaufen sind – wovon ich ausgehe 😉 – dann halte die Vereinbarungen unbedingt schriftlich fest. Hierzu eignet sich ein entsprechender Sabbaticalvertrag oder ein angepasster Arbeitsvertrag. Ziehe am besten auch frühzeitig die Personalabteilung (und ggf. den Betriebsrat) hinzu.
So, das waren erstmal 6 konkrete Schritte zu dem allgemeinen Ablauf, wie du vorgehen kannst. Jetzt kommen wir zu einem der wichtigsten Punkte – deine Argumente.
ARGUMENTE
Ähnlich wie bei deiner Strategieplanung gilt auch hier: Umso klarer du dir bist und selbst überzeugt von deinen Argumenten, umso besser kannst du diese vertreten. Wenn du an deinen Argumenten zweifelst, versetze dich in die Lage deiner Chefin und frage dich:
Würde ich ja sagen? Was fehlt mir vielleicht noch?
Du kannst das Gespräch auch allgemein mit einem Freund, deinem Partner oder deiner Familie üben oder zumindest die Argumente durchgehen.
Bevor du deine Argumente anbringst, spreche offen über deine aktuellen Gefühle und mache deutlich, dass du gerne hier arbeitest. (Wenn das den stimmt.)
Argument Nr. 1 – Das Sabbatical gibt dir die Möglichkeit, dich vollständig auszuruhen, neue Kraft zu tanken und deine Akkus aufzuladen. So kannst du mit neuen Kräften, kreativen Ideen und gestärkt wieder zurückkehren.
Mach dir bewusst, dass es keine Schande ist sich einzugestehen, dass man eine längere Pause braucht, welche über den üblichen Urlaub hinausgeht. Vielmehr ist es eine Stärke, seine eigenen Grenzen zu kennen. Auch deiner Chefin ist hoffentlich klar, dass nur ein ausgeruhter Mitarbeiter auch wirklich gute Leistungen erbringen kann.
Was zum nächsten Argument führt.
Argument Nr. 2 – Das Sabbatical dient als Burn Out Prävention.
Das Thema Burn Out ist in den letzten Jahren sehr bekannt geworden und wird mittlerweile sehr ernst genommen in der Arbeitswelt. Wenn du wirklich Gefahr läufst auszubrennen, ist das ein kräftiges Argument.
Argument Nr. 3 – Aktuell ist ein guter Zeitpunkt. Dies kann nur angebracht werden, falls dein Unternehmen an Projektphasen gebunden ist, du vielleicht gerade ein großes Projekt beendet hast und noch nicht weiterführend eingeplant bist.
Argument Nr. 4 – Das Sabbatical für eine Weiterbildung nutzen. Solltest du tatsächlich an einer größeren Weiterbildung interessiert sein, könnte man das sicherlich gut verbinden. Heute gibt es ja immer mehr Online-Weiterbildungen, an denen du von überall auf der Welt teilnehmen kannst. Quasi eine Win-Win Situation für beide.
Argument Nr. 5 – Du möchtest eine neue Sprache lernen oder deine Kenntnisse vertiefen. Dieses Argument ist vor allem dann powervoll, wenn ihr viele ausländische Kunden oder Geschäftspartner habt und du dir eine dementsprechende Sprache auswählst. Auch hier kann man sicherlich eine gute Mischung hinbekommen: Z.B. 50% der Zeit freie Länderwahl und die restliche Zeit in Spanisch/Englisch sprechende Länder.
Argument Nr. 6 – Du hast das Gefühl, der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen und möchtest dein Sabbatical nutzen, um dich sozial zu engagieren. Dies stärkt deine Sozialkompetenz, was wiederum auch einen Mehrwert für dein Unternehmen hat.
Argument Nr. 7 – Dein Sabbatical ist eine gute Werbung für das Unternehmen. Gerade die beiden letzten Argumente eignen sich gut für Werbemaßnahmen, da die Mitarbeiter sich sozial engagieren oder die kulturellen Gegebenheiten ihrer Geschäftspartner vor Ort erlebt haben. Aber auch grundlegend die Tatsache, dass das Unternehmen seinen Mitarbeitern ein Sabbatical ermöglicht, ist ein gutes „Aushängeschild“ vor allem für die kommende Generation.
Argument Nr. 8 – Du möchtest dein Sabbatical nutzen um mal etwas anderes zu sehen. Gerade in der Kreativ-Branche ist es ein gutes Argument, dass du deinen Kopf wieder frei kriegen möchtest um neue Ideen zu entwickeln und deine Kreativität wieder anzapfen zu können.
Argument Nr. 9 – Dein Sabbatical dient als Quality Time mit deiner Familie. Du hast den Wunsch mehr Zeit mit deinem Partner, deinen Eltern oder deiner frisch gebackenen Kleinfamilie zu verbringen. Das ist meiner Ansicht nach ein sehr schönes Argument.
Argument Nr. 10 – Du möchtest einfach die Welt sehen und neue Kulturen entdecken. Dieser Aspekt ist dahingehend ein Mehrwert für dein Unternehmen, weil es sicherlich deine interkulturelle Kompetenz, deine Stressresistenz und deine Lösungsorientierung stärkt. Auf Reisen und vor allem in fremden Kulturen muss man sich immer wieder flexibel auf ungewohnte Gegebenheiten einstellen und kreative Lösungen finden.
Sodele, ich hoffe da waren jetzt schon einige Argumente für dich dabei. Wichtig ist, dass du individuell schaust, was sich für dich stimmig und richtig anfühlt und nicht einfach irgendwas nimmst. Vermutlich kennt dich deine Chefin zumindest so gut, dass sie merkt, wenn du ihr einfach nur irgendwelche Argumente präsentierst, weil sie sich gut anhören. Erlaube dir, leidenschaftlich für deine Bedürfnisse einzustehen. Denn Leidenschaft ist ansteckend und meist lohnt es sich, wenn man sich zu öffnet und auch mal angreifbar macht.
WORST CASE
Deine Chefin hat NEIN gesagt. Nehme das Nein nicht einfach hin. Frage sie, was sich an der Situation ändern müsste, damit sie sich vorstellen könnte, dir doch ein Sabbatical zu ermöglichen. Und im zweiten Schritt, was du dazu beitragen kannst, um diese Situation herbeizuführen.
Frag sie konkret nach ihren Argumenten, dein Anliegen abzulehnen und probiere dich trotz Enttäuschung, in sie hineinzuversetzen.
Wenn du es trotz ausreichender Empathie nicht nachvollziehen kannst, dann würde ich darüber nachdenken, was dich in dem Unternehmen hält und wie wichtig du als Mitarbeiter dem Arbeitgeber bist.
Denn für mich ist ein Sabbatical nach wie vor unbezahlbar und ich bin mir so sicher, dass du aus dieser Zeit extrem viel für dich rausziehen wirst. Dafür lohnt es sich sogar, aus seiner Komfortzone herauszutreten, für sich selbst einzustehen und vielleicht sogar einen Jobwechsel in Kauf zu nehmen. 😉
Jetzt bist du für dein Gespräch gerüstet und ich wünsche dir viel Erfolg.
Deine Malina
PS: Ich würde mich mega freuen, wenn du mir von deinen persönlichen Erfahrungen unter hallo@sabbatical-podcast.de berichtest. Schreibe mir gerne, ob und was genau dir geholfen hat.
Folge#012 – 10 Argumente wie du deine Chefin von deinen Sabbatical-Plänen überzeugst!
November 22, 2018 @ 7:30 am
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